Rekonstruktion der Ethereum-Konsensschicht Beam Chain: Der ultimative Weg oder eine technische Sackgasse?

Ist der 5-Jahres-Implementierungszeitplan der Beam Chain realistisch? Was denkt die Community?

Autorin: 0XNATALIE

Auf der Devcon-Konferenz stellte Justin Drake, ein Kernmitglied der Ethereum Foundation, einen Vorschlag zur umfassenden Umstrukturierung der Ethereum-Konsensschicht vor, genannt Beam Chain. Durch die Neugestaltung der Konsensschicht sollen das MEV-Problem gemildert, die Skalierbarkeit und Sicherheit erhöht und durch den Einsatz von ZK-Technologie die Performance verbessert werden. Beam Chain konzentriert sich hauptsächlich auf Veränderungen der Konsensschicht, ohne neue Token zu schaffen oder die bestehende Blockchain-Architektur zu verändern.

Die bestehende Konsensschicht von Ethereum (Beacon Chain) besteht seit fünf Jahren und hat sich zwar in puncto Sicherheit bewährt, doch mit der Zeit häufen sich technische Schulden an. Zudem ist die Anpassungsfähigkeit der aktuellen Konsensschicht an neue Technologien angesichts der vertieften Forschung der Ethereum-Community zu MEV und des rasanten Fortschritts der ZK-Technologie unzureichend. Das Beam Chain-Restrukturierungsprogramm zielt darauf ab, technische Altlasten zu beseitigen, damit Ethereum in Zukunft flexibler und anpassungsfähiger wird.

Technische Highlights

Auf technischer Ebene weist Beam Chain zwei Besonderheiten auf: die Umsetzung der Snarkification mittels ZKVM und die Verwendung von hashbasierten Aggregatsignaturen.

Die Konsensschicht ist hauptsächlich dafür verantwortlich, wie alle Knoten im Netzwerk einen Konsens über den Zustand der Kette (z.B. Transaktionsreihenfolge, Kontostände usw.) erzielen. In Ethereum umfasst die Aufgabe der Konsensschicht die Blockvalidierung, Signaturüberprüfung, Fork-Handling, Wartung und Aktualisierung des Kontostatus usw. Die Schlüsseloperation der Konsensschicht ist der Statusübergang, d.h. der Übergang vom Zustand eines Blocks (z.B. Kontostand nach einer Transaktion) zum Zustand des nächsten Blocks. Diese Vorgänge erfordern oft viele Berechnungen, und Snarkification ist eine Technik, um den Berechnungsprozess in Zero-Knowledge-Proofs umzuwandeln.

Beam Chain nutzt ZKVM, um die Snarkification der Konsensschicht zu realisieren und die Statusübergangsfunktion in Zero-Knowledge-Proofs umzuwandeln. ZKVM übernimmt die Auslagerung der Berechnungen off-chain, wodurch die on-chain-Berechnungslast reduziert wird. Jeder Knoten kann durch die Überprüfung des Zero-Knowledge-Proofs den Status bestätigen, ohne die Berechnung wiederholen zu müssen. Darüber hinaus erlaubt Beam Chain den Validatoren, eine geeignete ZKVM auszuwählen, ohne eine bestimmte ZKVM zwingend in das On-Chain-Protokoll zu integrieren.

Mit der Entwicklung der Quantencomputer könnten traditionelle Verschlüsselungstechnologien (wie Elliptische-Kurven-Kryptografie) kompromittiert werden. Das bedeutet, dass die Sicherheit aktueller Blockchain-Systeme (wie private Schlüssel und Signaturüberprüfung) nach dem Aufkommen von Quantencomputern gefährdet sein könnte. Um dieser Bedrohung zu begegnen, führt Beam Chain ein hashbasiertes Aggregatsignaturschema ein. Hashfunktionen sind post-quantum-sicher und können Angriffen von Quantencomputern widerstehen. Dieses Schema erhöht nicht nur die Effizienz der Signaturaggregation, sondern bietet auch eine höhere Sicherheit für die Zukunft.

Darüber hinaus verwendet Beam Chain PBS, führt Includelists und Ausführungsauktionen ein, um die negativen Auswirkungen von MEV zu verringern. Es ist außerdem geplant, die Mindest-Stake-Anforderung für Validatoren von 32 ETH auf 1 ETH zu senken, um die Dezentralisierung weiter zu fördern. Der gesamte Übergang zur Beam Chain wird schrittweise erfolgen und die Funktionen der Beacon Chain nach und nach ersetzen, was voraussichtlich fünf Jahre dauern wird.

Meinungen der Community

Bedenken hinsichtlich der Entwicklungsdauer: In der Community gibt es weit verbreitete Bedenken bezüglich des fünfjährigen Entwicklungszeitraums für Beam Chain. Einige Mitglieder stellen zudem in Frage, ob das Ziel von Beam Chain darin besteht, Ethereum schrittweise an die Eigenschaften von Solana anzugleichen.

• José Maria Macedo, Gründungspartner von Delphi Ventures, äußerte Enttäuschung über Beam Chain. Seiner Meinung nach besteht die Kernverbesserung von Beam Chain lediglich in einer Umstrukturierung des Codebase, einschließlich einer Blockzeit von 4 Sekunden und „Quantenresistenz“, aber diese Änderungen werden voraussichtlich erst 2029-2030 umgesetzt. Solche Verbesserungen reichen nicht aus, um Ethereum L1 im Blockchain-Wettbewerb an der Spitze zu halten oder eine langfristig wettbewerbsfähige Story für Ethereum zu schaffen.
• Mert, CEO der Solana-Entwicklungsplattform Helius, äußerte ebenfalls Bedenken hinsichtlich des Entwicklungszeitplans von Beam Chain. Sollte Beam Chain tatsächlich erst 2029 veröffentlicht werden, könnte es für Ethereum schwierig werden, im schnelllebigen Blockchain-Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben.
• Qi Zhou, Mitgründer von EthStorage, hält den Zeitrahmen bis 2030 für Beam Chain für zu lang. Er empfiehlt, sich auf die Entwicklung mit einer einzigen Programmiersprache (wie Rust oder Go) zu konzentrieren, um die Umsetzung zu beschleunigen. Ethereum könne beim Umgang mit technischen Altlasten vom „re-genesis“-Modell von Cosmos lernen (Neugenerierung des Genesis-Blocks der Blockchain, Beibehaltung der Kernstatusdaten von Nutzern und Verträgen, Entfernung von überflüssigen historischen Daten und veraltetem Code), um technische Schulden und Altlasten durch einen vollständigen Reset zu lösen.
• Meir, Mitgründer von Hydrogen Labs, äußerte Bedenken, dass der Zeitplan von Beam Chain zu lang sei und möglicherweise nicht die Skalierbarkeitsanforderungen von Ethereum als vollwertige Blockchain erfüllen könne. Wenn das Ziel von Ethereum darin besteht, eine effiziente Blockchain-Plattform und nicht nur ein DA zu sein, sind schnellere und aggressivere Skalierbarkeitsverbesserungen erforderlich, anstatt schrittweise Optimierungen über die nächsten fünf Jahre hinweg.
• Der Abstract-Entwickler cygaar erklärte, warum der 5-Jahres-Zeitplan für Beam Chain notwendig sei. Er wies darauf hin, dass Ethereum keine gewöhnliche kleine Blockchain ist, sondern die weltweit zweitgrößte Blockchain mit einem TVL von 60 Milliarden Dollar, einem Basiswert von 400 Milliarden Dollar und Tausenden von darauf basierenden Anwendungen. Solch umfassende Veränderungen in einem verteilten, in Echtzeit arbeitenden Ethereum-Netzwerk umzusetzen, ist äußerst schwierig und mit enormen Risiken verbunden. Daher sind eine lange Vorbereitungszeit und strenge Tests erforderlich. Jeder Fehler könnte zu erheblichen Verlusten für die Nutzer führen.
• Terence, Maintainer des Ethereum-Clients Prysm, äußerte sich zu den Bedenken hinsichtlich der langen Umsetzungsdauer von Beam Chain und erklärte, dass Beam Chain das „Endziel“ von Ethereum sei. In der Zwischenzeit werde Ethereum durch Hard Forks kontinuierlich verbessert. Einige Vorschläge aus Beam Chain würden dazu beitragen, die Dezentralisierung und Zensurresistenz von Ethereum zu stärken. Vor der Umsetzung werde Ethereum zudem weiterhin die Datenverfügbarkeit, Zensurresistenz und EVM-Performance verbessern, um den sich wandelnden Anforderungen gerecht zu werden.
• Hasu, Head of Strategy bei Flashbots, ist der Ansicht, dass der Beam Chain-Vorschlag nicht übermäßig gehypt werden sollte, da es sich um ein langfristiges Projekt handelt, das mindestens fünf Jahre zur Umsetzung benötigt und die meisten Verbesserungen bereits auf der technischen Roadmap stehen. Die eigentliche Neuerung besteht darin, diese Verbesserungen gebündelt zu testen und künftig als Ganzes on-chain zu ersetzen, was den Prozess beschleunigen sollte. Viele Community-Mitglieder missverstehen diesen Vorschlag jedoch als aufregenden „Ethereum 3.0“-Release und hoffen sogar, einige Eigenschaften von Solana zu übernehmen, was zu enttäuschten Erwartungen führt.
• GabrielShapir0, Gründer von MetaLeX, ist der Meinung, dass der Kernwert von Ethereum in seiner Dezentralisierung und Autonomie liegt und Beam Chain diese Kernmerkmale erheblich stärken wird. Viele wünschen sich, dass Ethereum unterschiedliche Produkte und Dienstleistungen anbietet oder populären Trends und Narrativen folgt, aber das ist nicht die Ausrichtung von Ethereum, sondern von Solana.

Technische Herausforderungen

• Péter, Kernmitglied der Ethereum Foundation, ist der Meinung, dass im Beam Chain-Vorschlag zu viele Änderungen zusammengefasst sind, was sowohl aus technischer als auch aus Governance-Sicht potenzielle Probleme birgt. Technisch erhöht die Kombination zu vieler Änderungen die Fehleranfälligkeit. Aus Governance-Sicht kann das Bündeln mehrerer Änderungen dazu führen, dass Details übersehen werden und das Risiko von Kontroversen steigt. Er empfiehlt, zunächst Verbesserungen mit geringem Schwierigkeitsgrad auf der Beacon Chain umzusetzen und dann schrittweise komplexere Änderungen einzuführen, damit sich das System allmählich anpasst und eine umfassende Reform auf einen Schlag vermieden wird.
• Ethereum-Forscher mteam erklärte, dass der Beam Chain-Vorschlag zwar als neue Idee angekündigt wurde, in Wirklichkeit aber viele alte Ideen zusammenfasst. Er unterstützt den Vorschlag, befürchtet jedoch, dass ein solches Upgrade die Forschung an der Execution Layer beeinträchtigen könnte. Execution Layer und Konsens Layer sind zwei unabhängige Forschungsrichtungen und sollten parallel verbessert werden, um gegenseitige Störungen zu vermeiden.
• Max Resnick, Forschungsdirektor bei SMG, erklärte, dass Ethereum eine größere Vision brauche und nicht durch fünfjährige, schrittweise Verbesserungen eingeschränkt werden dürfe. Er fordert eine Rückkehr zu Ethereums ursprünglicher Mission, eine globale Computerplattform zu sein, die Entwicklern hilft, die komplexesten Koordinationsprobleme zu lösen. Er schlug Ziele vor, die Ethereum in den nächsten fünf Jahren erreichen sollte, darunter: 1-Sekunden-Blockzeit; Single-slot Finality zur Erleichterung der Interoperabilität zwischen Chains; deutliche Erhöhung des Durchsatzes (>1000 TPS); mehrere parallele Proposer zur Realisierung von Echtzeit-Zensurresistenz.